Muss die Anleitung in gedruckter Form beiliegen?

Sie fragen sich als Produkthersteller, ob die Anleitung in gedruckter Form bereit gestellt werden muss? Besteht dazu eine gesetzliche Pflicht?

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Feststeht, dass jedes erklärungsbedürftige Produkt eine Anleitung benötigt. Diese muss in der Sprache der Benutzer vorliegen - meist ist das die Amtssprache des Landes, in welchem das Produkt verkauft wird.

Jedoch geben unsere Gesetze nicht auf jede Frage zur Anleitung eine eindeutige Antwort. An diesen Stellen ist die Auslegung der Gesetze durch Gerichte maßgeblich.

Rechtliche Grundlagen

Die Instruktionspflichten des Herstellers oder Händlers von Produkten sind in Europa über Richtlinien geregelt. Die Mitgliedsstaaten setzen diese in nationalen Gesetzen um, in Deutschland z. B. im Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) usw.

Ob die Anleitung immer in gedruckter Form beiliegen muss oder ob z. B. auch ein PDF ausreicht, ist im ProdSG nicht ausdrücklich und eindeutig festgelegt.

Ebenso scheiden sich bei den EU-Richtlinien an diesem Punkt die Geister. Einerseits heißt es im Leitfaden zur EMV-Richtlinie, dass die CE-Kennzeichnung in den beigefügten Unterlagen abgedruckt sein muss, wenn Sie nicht direkt auf das Produkt oder die Verpackung passt. Andererseits besagt der Blue Guide von 2016, dass zwar die Informationen zur Sicherheit zwingend auf Papier vorliegen müssen, aber nicht alle Anleitungen. Trotzdem sollte Verbrauchern eine Anleitung in Papierform zur Verfügung gestellt werden, wenn diese das wünschen.

Die Norm DIN EN ISO 82079-1 zum Erstellen von Gebrauchsanleitungen empfiehlt allgemein bei der Wahl der Medien für Benutzerinformationen die Bedürfnisse und Zugänglichkeit der Zielgruppe zu berücksichtigen. Außerdem sollte die Anleitung für die erwartete Lebensdauer des Produkts brauchbar sein. Dieser Punkt kann auch durch verschiedene Medien und Kanäle erfüllt werden, indem neben einer gedruckten Anleitung auch Anleitungsvideos im Internet oder auf verschiedenen stationären Geräten bereitgestellt werden.

Was sagen die Gerichte zur Papierform von Anleitungen?

Vor einiger Zeit entschied die Marktaufsichtsbehörde in Frankreich, auf Basis der Produktsicherheits-Richtlinie, dass Drucker die Landesgrenze nicht überschreiten dürfen, weil die Bedienungsanleitung in Französisch nicht auf Papier beigelegt war.

Die Begründung: Zwar braucht man zum Drucken einen Computer, auf dem man die elektronische Anleitung lesen könnte, aber das Produkt wird von der Behörde nicht als importfähig erachtet. Mithilfe von Anwälten konnte eine außergerichtliche Einigung erreicht werden, dennoch kam es durch den Lieferverzug zu Strafzahlungen für den Importeur.

Für Digitalkameras entschied ein deutsches Gericht 2014 wiederum, dass eine papierlose Anleitung zulässig ist.
Das Gericht legte die Produktsicherheits-Richtlinie so aus, dass der Händler zwar verpflichtet ist eine Anleitung in deutscher Sprache mitzuliefern, dass diese auf Papier gedruckt sein muss, ließe sich allerdings nicht ableiten.

Nach Auffassung des Gerichts, ist es ausreichend, die deutsche Anleitung auf einem festen Datenträger (CD-ROM) mitzuliefern. Denn es ist zu erwarten, dass Benutzer von Digitalkameras auch Zugang zu einem Computer haben - den brauchen sie schließlich, um ihre Bilder verwerten zu können. Auch zahlreichen anderen technischen Produkten (z. B. Smartphones), die zur Verwendung durch den Endverbraucher bestimmt sind, wird neben den Sicherheitshinweisen oft nur eine Schnell- oder Kurzanleitung in gedruckter Form beigefügt. Das umfassende Handbuch kann bei Bedarf im Internet, z. B. über ein Service-Portal der Hersteller, eingesehen bzw. heruntergeladen werden.

Auch 2019 entschied ein deutsches Gericht, dass dem Verbraucher laut der zugrunde liegenden EU-Richtlinie lediglich einschlägige Informationen erteilt werden müssen, damit er Gefahren während der bestimmungsgemäßen Verwendung bzw. dem üblicherweise vorhersehbaren Fehlgebrauch erkennen, beurteilen und sich davor schützen kann.

Gegenstand der Verhandlung war ein batteriebetriebenes Elektroauto für Kinder, in dem diese selbst fahren können. Das Spielzeugauto wurde über einen Online-Shop gekauft und in Papierform gab es lediglich eine englische Anleitung. Das Gericht entschied, dass es zulässig ist eine deutsche Anleitung z. B. vor der Produktlieferung per E-Mail zu versenden.

Welche Bedeutung haben diese Urteile für Hersteller und Händler?

Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, legen Sie dem Produkt die gedruckte Anleitung bei. Das ist rechtlich gesehen der aktuelle Stand, da eine eindeutige Regelung (noch) fehlt.

Wir sehen aber auch: Nutzerverhalten und Erwartungen verändern sich.
Oft wünschen Verbraucher sich eine digitale Anleitung, da sie auf dem Smartphone leicht und unter Umständen überall zugänglich ist.

Sie können immer zusätzliche Angebote zur Verfügung stellen, z. B. Anleitung in Papierform, eine zusätzliche digitale Version oder auch eine Papieranleitung, die um digitale Inhalte wie AR-Codes (Augmented Reality) ergänzt wurde. Die gesetzlichen Regelungen bilden nicht den vollen Umfang des Möglichen ab, sondern stellen lediglich die Mindestanforderungen dar.

Möchten Sie wissen, ob Sie Ihre Anleitung ausgedruckt beifügen müssen?
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Digitale Technische Dokumentation: Was müssen Sie bei der Bereitstellung beachten?

Wie bereits festgestellt ist die aktuelle Rechtslage, ob das Anbieten einer reinen digitalen Bedienungsanleitung für ein Produkt zulässig und ausreichend ist oder nicht, noch recht schwammig. Es gibt keinen wirklichen Zwang, die Anleitung in Papierform beizulegen wird aber zumindest empfohlen.

Doch auch wenn Sie die Anleitung lediglich zusätzlich in digitaler Form anbieten, sind bei der Bereitstellung einige Punkte zu beachten:

  • Die Form der der Bereitstellung sollte an die Bedürfnisse Ihrer Kunden/Zielgruppe angepasst bzw. zeitgemäß sein (richtiges Format wählen)
  • Die Sicherheit Ihrer Kunden sollte durch die neue Bereitstellungsform gegeben oder sogar verbessert werden
  • Die Datensicherheit sowohl für Sie, als Hersteller, als auch für Ihre Kunden muss gewährleistet sein. (Hackerangriffe sind ein nicht zu unterschätzendes Risiko!)
  • Die Zugänglichkeit zur Anleitung sollte auch offline möglich sein (z. B. durch eine Integration in die Software – Anzeige erfolgt über das Display – Onlineverbindung ist daher nicht zwingend notwendig)
  • Stellen Sie sicher, dass eine Archivierung sämtlicher Vorgänge erfolgt, auch wenn es keine expliziten Vorschriften von Seiten des Gesetzgebers gibt. (Wer schreibt, der bleibt.)