Nachträgliche Konformitätsbewertung von Maschinen

Ist eine verspätete Konformitätsbewertung für Produkte möglich und zulässig?

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Wann kann es zu einer nachträglicher Konformitätsbewertung kommen?

Immer wieder wird bei Maschinen - nachdem sie in Betrieb genommen wurden - festgestellt, dass diese nicht den zutreffenden Rechtsvorschriften entsprechen oder kein geeigneter Nachweis der Konformität vorhanden ist. Folgerichtig hätten die Maschinen gar nicht eingesetzt werden dürfen.

Zwei vielleicht typische Beispiele könnten folgendermaßen aussehen

  1. Eine Maschine wird in Eigenherstellung konstruiert und im Jahr 2000 das erste Mal in Betrieb genommen. Erst im Zuge eines Weiterverkaufs an die Tochterfirma im Jahr 2008 wird festgestellt, dass Teile der technischen Dokumentation fehlen.
    Die Betriebsanleitung hat man noch gefunden, eine Risikobeurteilung hat der Kollege noch lokal auf dem Rechner gespeichert, aber von der Konformitätserklärung fehlt jede Spur.
  2. Eine Maschine wird für die Produktion hinzugekauft, bei der Abnahme im Werk des Betreibers klappt alles und die Maschine läuft wie erwartet. Die notwendigen Dokumente werden an den Betreiber übergeben, aber die Betriebsanleitung fehlt noch.

Die Betriebssicherheitsverordnung fordert, dass nur Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt und verwendet werden dürfen, wenn sie den zutreffenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen. Für Arbeitsmittel, die in den Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen, gilt dies sowohl bei gekauften Arbeitsmitteln als auch bei Arbeitsmitteln aus "Eigenherstellung".

Kann und muss ein Konformitätsbewertungsverfahren auch im Nachhinein durchgeführt werden und wer ist verantwortlich?

In der aktuellen Rechtsprechung findet sich kein Verbot für die nachträgliche Konformitätsbewertung. Im Gegenteil könnte man eher sagen, dass eine "nachträgliche" Konformitätsbewertung gefordert wird.

So gibt das Produktsicherheitsgesetz der Marktüberwachungsbehörde beispielsweise die Möglichkeit, Versäumnisse eines Herstellers bezüglich der Herstellung der Konformität als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Außerdem kann sie verlangen, diese Versäumnisse nachzuholen. Darüber hinaus hat der Hersteller nach Produktsicherheitsgesetz grundsätzlich die Möglichkeit, die Maschine in Übereinstimmung mit dem Inverkehrbringensrecht zu bringen und so Maßnahmen der Marktüberwachungsbehörde abzuwenden.

Voraussetzung für alle Maßnahmen durch die Marktüberwachungsbehörde ist ein begründeter Verdacht. Hierbei kann die Behörde immer davon ausgehen, dass eine offensichtlich nicht konforme Maschine unsicher ist.
Dies ist bereits der Fall, wenn der Hersteller bzw. Betreiber nicht über Unterlagen verfügt, welche die Sicherheit der Maschine belegen können (siehe u. a. Anhang VII A Nr. 3 der Maschinenrichtlinie).

Ein Arbeitgeber darf nur Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, die den zutreffenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen. Deshalb bleibt ihm bei fehlender Dokumentation zur Konformitätsbewertung nichts anderes übrig, als diese "nachträglich" durchzuführen, wenn das Arbeitsmittel weiterverwendet werden soll.

Verantwortlichkeiten

Grundsätzlich ist der Hersteller verantwortlich für die Durchführung der Konformitätsbewertung, das Anbringen der CE-Kennzeichnung und das Ausstellen der Konformitätserklärung einer Maschine.
Dies muss beim Inverkehrbringen bzw. im Rahmen der Eigenherstellung bei der Inbetriebnahme abgeschlossen sein.

Im Rahmen einer "verspäteten" (nachträglichen) Konformitätsbewertung, die notwendig wird, wenn der Hersteller seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten nicht zum geforderten Zeitpunkt nachgekommen ist, sind 3 Fälle zu unterscheiden.

  • Der Hersteller kann kontaktiert werden
    • Der Hersteller der Maschinen führt nachträglich das Konformitätsbewertungsverfahren durch, stellt eine Konformitätserklärung aus und bringt die CE-Kennzeichnung an.
    • Die Marktüberwachungsbehörde kann den Hersteller verpflichten, die Konformität mit dem Inverkehrbringensrecht herzustellen.
  • Der Hersteller kann nicht kontaktiert werden
    • Besonders bei zugekauften Maschinen, die ohne "CE" abgenommen und in Betrieb genommen wurden, ist es häufig aus verschiedenen Gründen nicht mehr möglich, auf den eigentlichen Hersteller zurückzugreifen.
      Beispielsweise wird die Rüge dieses Mangels durch den Käufer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr "unverzüglich" im Sinne des Handelsgesetzbuchs sein.
      Der Besitzer der Maschine muss dann - soweit ihm das überhaupt praktisch möglich ist - die Konformitätsbewertung der Maschine selbst vornehmen, damit diese rechtskonform den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden kann.
      Unterstützung kann er sich beispielsweise beim ursprünglichen Hersteller oder bei entsprechenden Dienstleistern holen.
  • Der Verwender (Unternehmen) ist gleichzeitig der Hersteller
    • Bei einer Eigenherstellung sind zwar gegebenenfalls die damals handelnden Personen nicht mehr greifbar, allerdings ist das Unternehmen als Eigenhersteller weiterhin formal "greifbar".
    • Hier ist es teilweise auch noch möglich, auf die seinerzeit im Unternehmen erstellten Unterlagen für die Maschine zurückzugreifen.

Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, wenn der Betreiber oder eine von ihm beauftragte Person die fehlende Konformität der Maschine herstellt, indem er selbst eine Konformitätsbewertung durchführt.

Als Abschluss kann er in diesen Fällen eine Konformitätserklärung zum Zeitpunkt der Fertigstellung der nachträglichen Konformitätsbewertung ausstellen. Dabei muss er deutlich machen, dass es sich um eine nachträgliche Konformitätserklärung handelt und wer der ursprüngliche Hersteller der Maschine ist.
Im Anschluss kann er die CE-Kennzeichnung anbringen und das seinerzeitige Baujahr deklarieren.

  Die Konformitätsbewertung erfolgt immer nach den Rechtsvorschriften, die zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens oder der Erstinbetriebnahme gültig sind bzw. waren.
Das bedeutet, dass eine Maschine aus dem Jahr 2000 nicht nach der aktuellen Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) von 2006 bewertet werden muss - sondern auf sie trifft die alte Maschinenrichtlinie (98/37/EG) von 1998 zu, denn diese Richtlinie hatte Gültigkeit, als die Maschine das erste Mal in Betrieb genommen wurde.

Nachrüsten in puncto Sicherheit

Führt ein Betreiber eine nachträgliche Konformitätsbewertung durch, sollte in diesem Zusammenhang auch ermittelt werden, ob aufgrund der Betriebssicherheitsverordnung ggf. ein Nachrüsten der Maschine gegenüber dem Zeitpunkt des ersten Inverkehrbringens bzw. der ersten Inbetriebnahme erforderlich ist.

Die Betriebssicherheitsverordnung macht in § 3 Absatz 7 sehr deutlich, dass es keinen sogenannten "Bestandsschutz" gibt, sondern dass vor allem Schutzmaßnahmen regelmäßig geprüft werden müssen. Dabei ist der Stand der Technik zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, sind die Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln entsprechend anzupassen.

Insofern kann es bei einer Nachrüstung einfacher sein, die Konformität der Maschine auf Basis der geltenden Maschinenrichtlinie und damit dem aktuellen Stand der Technik nachzuweisen. Damit könnte auch eine Konformitätserklärung auf dieser Basis ausgestellt werden, analog dem Vorgehen bei einer wesentlichen Veränderung der Maschine und somit ggf. auch mit einer neuen Herstellerangabe.

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